(Cyber)Mobbing an Schulen in Zeiten von Corona
Transkript des Live-Streams der Talkrunde „(Cyber)Mobbing an Schulen in Zeiten von Corona“
in der Friedrich-Bergius-Schule in Berlin am 16.11.2020 - Seite 18
Dr. Weidenfeld
Herr Rudolph, ist das Ihre Erfahrung mit den Eltern auch? Also Herr Knispel schildert uns ja doch, ein Teil der Eltern von Schülern, die aus Unvermögen oder Unkenntnis sich nicht so um ihre Kinder kümmern können, dass die am Ende wieder Täter noch Opfer werden. Ist das Ihre Erfahrung, an einer Brennpunktschule auch, dass Sie Lehrer eine größere Verantwortung für einen Teil der Schüler haben als das im Idealfall wäre, wo sich Eltern und Lehrer Verantwortung teilen können.
Herr Rudolph
Also wichtig ist es, die Eltern einzubinden und man muss Gespräche mit Eltern führen, also ich, es gibt kein Elternteil, was ich nicht kennen würde in der Schule, das heißt ja immer, die kommen nicht in die Schule, das stimmt überhaupt nicht. Und es ist natürlich so, dass manche Eltern sich überfordert fühlen. Ich sag mal, eine alleinerziehende Mutter, die also, weiß ich, mühsam sich durchs Leben kämpft und ihren Lebensunterhalt verdient, die hat vielleicht nicht so diese Möglichkeit, jetzt sich um ihren Jungen meinetwegen zu kümmern, der ein bisschen aus dem Ruder läuft. Aber umso wichtiger ist es, dass Schule und diese Mutter, zum Beispiel, eng zusammenarbeiten, dass die Mutter zuhause unsere Arbeit unterstützt und dass wir Gemeinsames reden. Also wir sagen „Du, pass auf, verhalte Dich so und so“ und die Mutter sagt „Du, pass auf, die Schule hat gesagt, mach das so“.
Dr. Weidenfeld
Und da ist Ihre Erfahrung auch so, dass die meisten Eltern für diese Art von Zusammenarbeit auch ansprechbar sind.
Herr Rudolph
Ja, ich hab also wirklich die Erfahrung gemacht, in den schwierigsten Lagen, dass also Eltern eigentlich immer für die Kinder einen guten Weg wollen, ja. Und das ist so, die wissen manchmal nicht, wie sie es machen sollen und die sind vielleicht auch mal hilflos, der ein oder andere, aber dass jetzt ein Vater oder eine Mutter sagt, „ich will nicht, dass aus meinem Kind irgendwie, dass das ins Leben vernünftig hineinkommt“, also da müsste ich jetzt wirklich lange nachdenken, da ist mir in 44 Jahren ist mir jetzt, könnte ich keinen Fall benennen.
Dr. Weidenfeld
Weil wir ja auch über Mobbing und die Situation in Corona-Zeiten reden, es gibt eine Untersuchung der Bildungsforscher des ifo-Institutes, die sagen, die leistungsschwächeren Schüler, die von ihren Eltern nicht unterstützt werden können in einem digitalen Lernprozess, die gehen uns irgendwie verloren. Also das ifo-Institut guckt natürlich nur auf die Schulleistungen, aber die sagen halt, das von vielen Schulen Nachricht da ist und eben auch belastbare wissenschaftliche Evidenz, dass die leistungsschwächeren Schüler in diesem online-digitalen Unterricht eher verloren gehen und ihre Rückstände schärfer werden. Das würde ja auch den Schluss zumindest zulassen, dass diese Schüler sowohl als Täter als auch als Opfer von Mobbing ebenfalls nicht mehr gesehen werden.