(Cyber)Mobbing an Schulen in Zeiten von Corona

Transkript des Live-Streams der Talkrunde „(Cyber)Mobbing an Schulen in Zeiten von Corona“
in der Friedrich-Bergius-Schule in Berlin am 16.11.2020 - Seite 17

Dr. Weidenfeld

Frau Schäfer, vielleicht ganz kurz: Ist das, also wir haben im Chat immer mal wieder Anmerkungen über den „No Blame Approach“, ist es das?

Prof. Dr. Schäfer

Nein. Darf ich das erstmal so stehen lassen und eine Frage noch mal [Dr. Weidenfeld: Ja, gerne]. Das fliegende Klassenzimmer, an jedem Blödsinn, der passiert sind nicht nur die Schuld, die es machen, sondern auch die, die nichts tun würden. [Herr Rudolph: Genau]. Würden Sie mir zustimmen, dass diejenigen, die nicht dazugehören, von denen Sie gerade gesprochen haben, in einer Klasse immer dazu gehören und dass man eigentlich auch als Lehrer, und das fänd ich einen guten Präventionsgedanken, den Schülern klar macht: „Ihr seid eine Klasse und Ihr habt unglaublich viel Macht, aber dafür müsst Ihr auch kapieren, dass Nichtstun die Täter bestärkt, weil die sehen es als Akzeptanz“.

Herr Rudolph

Völlig klar, aber es muss dann irgendwann die Situation geben, wenn das nichts mehr nutzt, sozusagen, dass diese, ich sage mal neutralen Leute dann durch ihre Ansprache an die Täter nichts erreichen innerhalb der Gruppe, dass dann eben diejenigen auch das Vertrauen haben, zu sagen, jetzt gehe ich mal an eine andere Stelle und hole mir Hilfe.

Dr. Weidenfeld

Sagen Sie noch etwas zum „No Blame Approach“?

Prof. Dr. Schäfer

Im Moment nicht.

Dr. Weidenfeld

Okay. Herr Knispel.

OStA Knispel

Ja, ich wollte ganz gerne an das anknüpfen, was Sie beide gesagt haben. Natürlich müssen die Lehrer darauf einen Blick werfen, denn das was Sie ansprachen, Frau Schäfer, natürlich, der Großteil der Schüler hat ein großes Rechtsempfinden und weiß gang genau, dass dieses Mobbing im weitesten Sinne völlig verfehlt ist. Ich würde Ihnen nur in gewisser Weise widersprechen. Ich rede nicht über Schuldzuweisungen bei Eltern, aber sie haben eine ganz große Verantwortung. Nur, und ich glaube, da befinden wir uns alle, wie wir hier sitzen, in gewisser Weise in einem Elfenbeinturm, denn in einem Großteil der Haushalte wird mit den Kindern nicht so viel gesprochen, wie bei uns, sondern vielfach sind die Kinder sich selbst überlassen, die Eltern außer Haus. Jetzt vielleicht bei Corona-Bedingungen nicht ganz so viel, die kümmern sich in weiten Teilen um die Belange ihrer eigenen Kinder, naja, in äußerst vernachlässigenswerter Weise. Das heißt, die werden genau diese Sensibilität, die Sie zurecht ansprechen, wo man das bei Kindern bemerkt, das werden die einfach nicht an sich feststellen und ob die Kinder sich dann ermutigt fühlen, bei solchen Elternteilen ihre Kümmernis, ihre Sorgen oder auch Ängste anzubringen, da hätte ich ganz große Bedenken. Deswegen auch das, was Herr Rudolph ansprach, ja natürlich Klassenlehrer, Vertrauenslehrer und gegebenenfalls auch Institutionen außerhalb der Schule, z.B. Jugendgerichtshilfe, Erziehungshilfe. All die können einen wertvollen Beitrag leisten und wir in der Justiz, wir sind froh über jeden Fall, den Sie uns ersparen.