(Cyber)Mobbing an Schulen in Zeiten von Corona

Transkript des Live-Streams der Talkrunde „(Cyber)Mobbing an Schulen in Zeiten von Corona“
in der Friedrich-Bergius-Schule in Berlin am 16.11.2020 - Seite 20

Prof. Dr. Schäfer

Nein, das passiert. Das kann passieren und ich habe noch in Erinnerung, bei irgendeiner Fortbildung, ein Schulleiter, der mir erzählte: „Menschenskinder, das Jahr, da war jetzt jemand und der war im Rollstuhl“, das war, glaube ich, eine Montessori-Schule und der der war echt Opfer und dann irgendwie ein Schuljahr später saß dieser junge Mann im Rollstuhl wieder vor ihm und kriegte eine echte Gardinenpredigt, nach dem Motto „Ey, ich finde es ganz Klasse, dass es Dir deutlich besser geht, aber das, was Du jetzt in Deiner neuen Klasse performierst, nämlich als Täter, das geht ja mal gar nicht, ja.“ Das kann passieren, aber das ist nicht der gängige Weg. Aber bei Tätern ist es durchaus ein Stückchen anders. Wir haben ungefähr 30 Prozent einer Population, die streben nach Dominanz. Ist was ganz Feines, solange es mit prosozialen Verhaltensweisen funktioniert und man dadurch tatsächlich einfach positiv Führung übernimmt, aber es gibt eben auch die andere Art, nämlich coersiv und dafür und Aggressionen lernen wir sehr gut, das wird sehr schnell und sehr direkt immer belohnt. Und Täter sind sehr sehr stark durch das Umfeld „gefördert“. Das werden Sie sicher umschreiben, also gefördert, die haben Erfolg, Aggression ist schnell, laut und führt fast immer zum Erfolg, das ist eigentlich die Powerstrategie. Und es gibt sogar noch die, die sind wie Strategen, Machiavelli, die beherrschen sowohl diese coersiven Strategien wie auch die prosozialen, wo viele Lehrer echt denken, „mein Gott, der bringt mir doch so ungefähr die Tasche zum Lehrerzimmer, der kann doch gar kein Mobber sein.“ Ja, fragt man die Schüler in der Klasse, dann sagen die „Oh, der kann sehr wohl“, der kann nämlich umschalten, je nach Kontext. Also Täter sind tatsächlich diejenigen, die sehr wunderbar konditioniert sind und böse Menschen sagen, es ist der Effekt der primären Sozialisation, was nichts anderes heißt, als wir haben es von den Eltern gelernt. Opfer hingegen falsche Zeit, falscher Ort.

Dr. Weidenfeld

Darüber müssen wir gleich nochmal intensiver reden. Herr Knispel, ich würde gerne, wir haben jetzt im Chat noch mal die Meinung, dass man Mobbing immer einzeln betrachten muss, also man muss jeden Einzelfall sehen, würdigen und eben auch schauen, ist es justiziabel, ist es nicht justiziabel oder gibt es aus der Perspektive von Staatsanwälten etwas, wo Sie sagen würden, da gibt es doch Gemeinsamkeiten, über die man dann auch in Form von „das müssen Schulen ändern, das können Eltern ändern oder das muss auch an den Schülern landen und bei den Schülern verändert werden“ und man so solche Schlüsse ziehen kann.