(Cyber)Mobbing an Schulen in Zeiten von Corona

Transkript des Live-Streams der Talkrunde „(Cyber)Mobbing an Schulen in Zeiten von Corona“
in der Friedrich-Bergius-Schule in Berlin am 16.11.2020 - Seite 24

Herr Rudolph

Ja, gut, also unsere Schüler leben ja in Klassenverbänden, Gottseidank immer noch, es ist ja teilweise aufgelöst, bei uns sind Klassenverbände und der Klassenverband ist eine Einheit, und die müssen zusammen leben und von denen wird vom Klassenlehrer und von anderen Lehrern erwartet, dass sie gemeinschaftlich vernünftig miteinander umgehen, dass sie sich helfen, da sind auch schwächere Schüler meinetwegen drin, vielleicht auch Schüler mit einer Besonderheit, die also jetzt vielleicht, also wo man sagt „aha, der ist irgendwie anders als die anderen und dann wird erwartet, dass die anderen Schüler dem helfen. Und das funktioniert wunderbar, ich erinnere mich an einen Schüler, vor dem wir so ein bisschen Bedenken hatten, ihn zu beschulen, das war ein Autist und wir sind alles keine Sonderschulpädagogen. keiner wusste, damit umzugehen, und es war halt ein Schüler, der hat nun deutlich eine Besonderheit gehabt. Und die Klassengemeinschaft hat den in sich aufgenommen, die haben dem geholfen und als dann nach vier Jahren diese Präsentationsprüfung anstanden, das ist natürlich für den Autisten wirklich die Hölle.

Dr. Weidenfeld

Der muss einen Vortrag halten?

Herr Rudolph

Genau, dass der irgendwas vortragen soll und dann hat die Klassenlehrerin das geübt, also jede Gruppe durfte das mal machen und dann sollten die anderen Schüler nun sagen, wie das gewesen ist, ob das eine Drei oder Zwei oder so etwas und dann kam die Klassenlehrerin zu mir und sagte „Stellen Sie sich mal vor, Herr Rudolph, der hat das nun vorgetragen, das war auch so weit ganz ordentlich, aber natürlich eben mit seinen Defiziten und dann haben doch die anderen Schüler gesagt, für den Thomas war das Zwei“. Und dann dachte ich, dass ist ja unglaublich, es war eben unter normalen Maßstäben keine Zwei, aber die ganze Klassengemeinschaft hat gesagt „der hat das toll gemacht“ und für seine Fähigkeiten zwar das „Zwei“.

Dr. Weidenfeld

Wir fragen jetzt nicht nach der Objektivität von Leistungsbeurteilungen, Frau Schäfer ist dran.

Prof. Dr. Schäfer

Ich würde nochmal gerne auf Ihre ursprüngliche Frage eingehen, nach dem Motto „Wir wollen doch und wir belobigen doch“. Ich glaube, das ist die eine Seite, die andere Seite ist aber, dass wir soziale Wesen sind und dass wir in Gruppen leben, das haben wir in der Biologie und da gibt es immer verschiedene Rollen und ich könnte mir vorstellen und das geht jetzt fast ein bisschen in die Richtung in die auch eine Frage da wohl kam…